Wasserstoffperoxid-Bomber - Das Märchen vom verhinderten "größten Terroranschlag Deutschlands"
03.06.2015 22:45Wieder einmal überschlagen sich Medien und Behörden, weil in Deutschland angeblich mehrere Bombenanschläge mehr oder minder "in letzter Minute" verhindert worden seien. Demnach wollten Islamisten rechtzeitig zum Jahrestag des 11. September ein „entsetzliches Attentat“ mit einer „riesigen Zahl von Toten“ (Spiegel-Online) verüben, das „eine bisher nicht gekannte Dimension des Schreckens nach Deutschland gebracht“ hätte (FAZ). Tatsächlich offenbaren sich bei genauerer Betrachtung der Berichte zahlreiche Widersprüche, Unwissen und Unwahrheiten.
Auffällig wie eine Elefantenherde
Die Seltsamkeiten beginnen damit, dass sich die angeblichen Terroristen so auffällig verhielten, dass man meinen könnte, sie hätten das Möglichste getan, um verhaftet zu werden.
Fritz G., der angebliche Anführer der drei, war bereits 2005 unter dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung kurzzeitig festgenommen worden. Er wusste also, dass ihn die Behörden registriert hatten. Dennoch legten die angeblichen Superterroristen eine Fährte wie eine Elefantenherde quer durch die Republik. Angeblich waren mehrere hundert Beamte über sechs Monate mit ihrer Überwachung beschäftigt.
Am Silvestertag 2006 fuhr Fritz G. mit Freunden "mehrfach auffällig" (Spiegel) vor einer US-Kaserne in Hanau hin- und her - so auffällig, dass das Observationskommando des Verfassungsschutzes das Auto anhalten und die Personalien aufnehmen ließ. (1) Sollte ihn dies noch nicht zurückgehalten haben, hätte Fritz G. spätestens im April 2007 merken müssen, dass es der Staatsschutz zum wiederholten Male auf ihn abgesehen hatte: Seine Wohnung in Ulm, sowie die Wohnung seines Freundes Ayhan T. in Bremen wurden durchsucht. „Dass sich Fritz G. und seine mutmaßlichen Komplizen von der Hausdurchsuchung nicht abschrecken ließen, dass sie im Gegenteil erst danach begannen, kanisterweise Explosivstoffe zu beschaffen, Häuser und Garagen zu mieten, militärische Zünder zu besorgen und in ihren (abgefangenen) E-Mails angeblich sogar die Fahnder zu verhöhnen, wirft ernste Fragen auf“, wundert sich die FAZ. (2) Selbst die Bild-Zeitung schreibt: "Fritz G., Adem Y., Daniel S. und ihre Helfer müssen seit Monaten gewusst haben, dass sie unter Beobachtung standen: [...] Warum machten die drei trotzdem weiter?" (3)
Im Mai konnten sich die Verdächtigen sogar über den Focus darüber informieren, dass ihnen sowohl die deutschen Behörden als auch die CIA bereits auf den Fersen waren. (4) Doch auch dies hat sie offenbar nicht davon abgehalten, ihre Machenschaften fortzuführen. Ebenso hat der Focus-Bericht nicht zu einem sofortigen Zugriff der deutschen Behörden geführt, obgleich hierdurch unter normalen Umständen eine umgehende Flucht der Verdächtigen zu erwarten wäre. Auch straften die anderen Medien den Focus-Bericht - in klarem Widerspruch zum üblichen Interesse an neuen "Terror-Meldungen" - mit Nichtachtung.
Schließlich wählte das Trio zum Bombenbauen ausgerechnet das idyllische Sauerland-Dörfchen Oberschledorn. „Man kennt sich und die Feriengäste in dem Dorf, in dem rund 900 Menschen leben“, schreibt die FAZ. (5) In dieser Umgebung mussten die Fremden zwangsläufig auffallen. Tatsächlich waren den Einwohnern in den Tagen vor der Festnahme zivile Fahrzeuge aufgefallen, welche die Polizei offensichtlich zur Observation eingesetzt hatte. Den „Terroristen“ sollte das auch nicht entgangen sein. Überhaupt: Warum mieteten sie sich nicht, wie damals die RAF, in einem anonymen Hochhaus mit Tiefgarage und Autobahnanschluss ein?
Beim Kauf der einschlägigen Chemikalien verhielten sich die mutmaßlichen Bombenbauer ebenfalls betont auffällig: Man fuhr mehrfach zu einem Großhändler nach Hannover, kaufte sukzessive zwölf Fässer mit 730 Kilo Wasserstoffperoxid und transportierte den Stoff quer durch die Republik.
Am 3. September fuhren die drei tagsüber mit aufgeblendetem Licht und wurden deshalb von einer Verkehrskontrolle angehalten. Obwohl einer der Streifenpolizisten bei der Kontrolle unvorsichtig laut zu einem Kollegen sagte, dass die PKW-Insassen „auf einer BKA-Liste“ stünden, konnten sie weiterfahren. (6) Das deutlichste Beispiel für das Verhältnis zwischen den vermeintlichen Jägern und den vermeintlich Gejagten gab Spiegel-Online zum besten – leider ohne Hinweis auf den genauen Zeitpunkt des Geschehens. So hätten sich eines Tages die drei über ihre Observanten geärgert. Daraufhin „stieg einer der Islamisten ... an einer roten Ampel aus und schlitzte die Reifen eines Verfolger-Wagens des Verfassungsschutzes auf“. (7)
Unechte Bomben
Die Tatsache, dass die Bomben überhaupt mit Wasserstoffperoxid gebaut werden sollten, muss schließlich die meisten Zweifel aufkommen lassen. Die chemische Mischung, die dafür hergestellt werden muss, ist ein derart instabiler Sprengstoff, dass schon leichte Erschütterungen zur Explosion führen können. Die Herstellung und Lagerung ist also höchst gefährlich. Nicht umsonst hat dieser Sprengstoff industriell und militärisch praktisch keinerlei Bedeutung und nicht umsonst wurde bisher kein Anschlag mit ihm verübt. Wahrscheinlich tauchen Wasserstoffperoxid-Bomben deshalb immer wieder in den Terror-Meldungen der Medien auf, weil Wasserstoffperoxid zu den handelsüblichen Chemikalien gehört und sich damit leicht die Furcht vor dem „Terroristen von nebenan“ schüren lassen, der sich angeblich alles zum Massenmord Notwendige im Drogeriemarkt besorgen kann.
Wäre es den Männern im Widerspruch zu aller Logik tatsächlich gelungen, den Sprengstoff herzustellen, so hätte zweifellos spätestens das Verladen in Fahrzeuge beziehungsweise die Fahrten zu den geplanten Anschlagszielen entweder zur Explosion geführt oder die Aufmerksamkeit von Behörden auf sich gezogen, da die Fahrt dann nur im Schritttempo erfolgt wäre.
Einer Pressemitteilung der Generalbundesanwaltschaft zufolge wurden "von Februar bis August 2007" von einem der Festgenommenen "nach und nach 12 Fässer (insgesamt 730 kg) Wasserstoffperoxid-Lösung" "beschafft". (8) Interessanterweise hieß es, dass nur ein Teil davon in einer hochprozentigen Form vorhanden war. Wie groß dieser Anteil war, wurde nicht offenbart. Die Welt wiederum meldete, das Wasserstoffperoxid sei "so hoch konzentriert", dass es "nur eine Woche gelagert" werden könne - was für unmittelbar bevorstehende Anschläge spräche. (9) Nur, dass die Chemikalie tatsächlich von Februar bis August dieses Jahres beschafft worden war.
Bemerkenswert ist auch, dass in den Medien grundsätzlich nur vom Fund der 730 Kilogramm Wasserstoffperoxid gesprochen wurde. (10) Tatsächlich wird aber zur Herstellung des Sprengstoffs Triacetontriperoxid (TATP) neben Wasserstoffperoxid eine noch größere Menge Aceton und eine ebenfalls große Menge einer Säure benötigt- wobei Zitronensaft (11) zwar möglicherweise interessante Reaktionen hervorruft aber kaum zur Herstellung von TATP geeignet sein dürfte. Die "Bombenbauer" müssten also noch weit über einer Tonne weiterer Chemikalien besessen haben. Angesichts der freien Verfügbarkeit von zumindest grundlegenden Beschreibungen zur Herstellung von TATP kann kaum angenommen werden, dass in den Medien deshalb allein das Wasserstoffperoxid gezeigt wird, um so zu verhindern, dass Bombenbauinformationen an die Öffentlichkeit gelangen.
Selbst wenn die Männer auch im Besitz dieser benötigten Stoffe in den entsprechenden Mengen gewesen wären – und das Wasserstoffperoxid in hoher Konzentration vorgelegen hätte – wäre ihnen bei der Verarbeitung dieser Menge Chemikalien aller Wahrscheinlichkeit nach nur eines gelungen: sich selbst in die Luft zu sprengen. Oder wahlweise, sich die nächsten Jahre mit der Produktion zu beschäftigen. So ist es für die Herstellung von TATP beispielsweise notwendig, die Zutaten während der Reaktion deutlich unter Zimmertemperatur zu kühlen. Dies ist bei kleinen Mengen und unter Labor- beziehungsweise Industriebedingungen sicherlich machbar, aber keinesfalls bei den genannten Mengen in einem Ferienhaus. Dennoch ließ Verteidigungsminister Jung verlauten, ein Anschlag habe „kurz bevor gestanden“. (12)
Inwieweit die Behauptung, Polizeibeamte hätten von den vorgeblichen Attentätern unbemerkt "frühzeitig" die "in den Fässern befindliche hochprozentige Lösung Wasserstoffperoxid durch eine gefahrlose Austauschlösung" ersetzt, erscheint angesichts der langen Lagerung zumindest eines Teils des Wasserstoffperoxids zumindest fragwürdig, erst recht, da diese unter wenig geeigneten Umständen stattfand. Dieses zerfällt tatsächlich mit der Zeit zu Wasser und Sauerstoff, so dass die Konzentration der Lösung abnimmt. Allein dieser "frühzeitige" Austausch der Chemikalie habe allerdings letztlich dazu geführt, dass praktisch keinerlei Gefahr mehr bestand.
Sollte der "Austauschstoff", wie in einigen Berichten genannt, ein handelsübliches Wasserstoffperoxid mit einer Konzentration von 3 Prozent gewesen sein – statt der 35-prozentigen Lösung, die sich vorgeblich in den Kanistern befand – so wäre zwar mit einem vorhergehenden Bearbeitungsschritt eine Verwendung durchaus noch möglich gewesen, dies hätte aber einerseits das Wissen um den Austausch vorausgesetzt, andererseits hätte sich so eine entsprechend weitaus geringere Menge Sprengstoff herstellen lassen, als die angegebene „zwanzigfache Menge des Madrider Sprengstoffs“.
Fragwürdige Hintermänner
Im Auge behalten sollte man einen Hinweis des Spiegel, wonach Fritz G. "vor ein paar Jahren im Umfeld von Yehia Yousif in Neu-Ulm auftauchte. [...] Zeitweilig war er [Yousif] V-Mann des Verfassungsschutzes. Unter Yousif entwickelte sich Neu-Ulm [...] zu einem bundesweiten Magneten für Islamisten." (13) Dass Terrorismus durch V-Männer inszeniert wird, wäre in Deutschland nichts Neues. (14)
Erwähnenswert ist sicherlich auch noch die Behauptung, es handle sich bei dieser "Terrorzelle" um einen Ableger der aus Usbekistan stammenden "Islamic Jihad Union" (IJU). Diese verübte ihrerseits angeblich im März 2004 eine Reihe von Anschlägen in Usbekistan. Tatsächlich hat der damalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, schwerste Zweifel an der offiziellen Darstellung der usbekischen Regierung angemeldet. (15) "Tatsächlich scheint die vorgebliche Reihe von Selbstmordanschlägen nichts dergleichen gewesen zu sein", so Murray, der die Urheber vielmehr innerhalb der Regierung Usbekistans vermutet. "Ich besuchte den Ort jedes der Bombenanschläge innerhalb weniger Stunden und in einem Fall Minuten nach der vorgeblichen Explosion."
"In einem kleinen dreieckigen Hinterhof hatte eine Bombe angeblich sechs Polizisten getötet. Aber die Fenster auf allen Seiten, zwischen 10 und 30 Meter von der vorgeblichen Explosion entfernt, waren nicht beschädigt. Ein Baum in der Mitte des Hofes war ebenfalls nicht beschädigt. Der Körper eines der angeblichen Selbstmordattentäter war unversehrt, abgesehen von einer kleinen Verbrennung in Größe einer Walnuss auf ihrem Bauch", so Murray über seine Eindrücke von einem der vorgeblichen Anschlagsorte.
Wieder einmal muss vermutet werden, dass der Fall inszeniert worden ist, um ihn für das Vorantreiben des Überwachungsstaats zu instrumentalisieren. Sollten die drei Festgenommenen tatsächlich versucht haben, eine derart große Menge TATP herzustellen, hätte das BKA zweifellos verhindert, dass Menschen durch Sprengstoffexplosionen getötet wurden - die drei Verhafteten.
Einheinhalb Jahre später, am 4. 2. 2009 schreibt der Stern, dass ein mutmaßlicher CIA-Mann der Chef der Sauerlandgruppe gewesen sei: "Der mutmaßliche CIA-Informant aus Rheinland-Pfalz soll in den Attentatsvorbereitungen dieser Terrorzelle eine zentrale Rolle gespielt haben, wie aus Ermittlungsunterlagen des BKA hervorgeht. Demnach soll er die Person mit dem Tarnnamen "sut" sein, über den die Beschaffung der 26 Sprengzünder maßgeblich gelaufen sein soll." (https://www.stern.de/panorama/:Sauerland-Zelle-Mutma%DFlicher-CIA-Mann-der-Chef/653678.html). Es wäre nicht dass erste Mal, dass Geheimdienstler Terroranschläge initiieren.
Text nach:
https://www.freace.de/artikel/200709/060907a.html
https://hintergrund.de/index.php?option=com_content&task=view&id=113&Itemid=63
Nachtrag 19. Oktober: Mittlerweile hat der deutsche Verfassungsschutz selbst erhebliche Zweifel daran geäußert, dass der Bekennertext echt ist und die "Islamic Tschihad Union" überhaupt existiert. So war das Bekennerschreiben etwa auf Türkisch verfasst, während die Terrorgruppe usbekischen Ursprungs gewesen sein soll. (SZ vom 5. 10. 2007)
Siehe auch: Terroristen in Deutschland - Phantome der Geheimdienste:
https://www.hintergrund.de/20090310359/politik/inland/terroristen-in-deutschland-phantome-der-geheimdienste.html
Zur Abwegigkeit der Forderung nach Onlinedurchsuchung, die dieser Fall nach sich zog, siehe:
https://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26165/1.html
Quellen:
(1) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,505308,00.html
(2) Peter Carstensen, Von Entwarnung kann keine Rede sein, FAZ, 7. September 2007.
(3) Bildzeitung vom 10. September 2007.
(4) https://www.focus.de/politik/deutschland/focus_aid_56080.html
(5) „Die zwanzigfache Menge des Madrider Sprengstoffs“ . FAZ vom 6.09.07.
(6) Dorfpolizist zwang Terror-Fahnder zum Zugriff, Spiegel-Online, 8. September 2007.
(7) phw/dpa/AFP/ddp, Dorfpolizist zwang Terror-Fahnder zum Zugriff, Spiegel-Online, 8. September 2007.
(8) https://www.generalbundesanwalt.de/de/showpress.php?newsid=285
(9) https://www.welt.de/politik/article1158299/Polizei_hatte_Verdaechtige_schon_laenger_im_Blick.html
(10) https://www.tagesschau.de/inland/meldung491660.html
(11) https://images.zeit.de/text/2006/34/T-Sprengstoff
(12) Franz-Josef Jung im ARD-Morgenmagazin am 5.09.07.
(13) https://service.spiegel.de/digas/find?DID=52909281
(14) Siehe: https://www.wahrheitssuche.org/studentenunruhen.html
https://www.wahrheitssuche.org/heiligendamm.html
(15) https://www.craigmurray.co.uk/archives/2005/10/hazel_blears_li.html
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